1952
Wie war das damals?
Viele berühmte Persönlichkeiten starben. So unter anderen Kurt Schumacher, der Dichter Knut Hamsun, der Geograf Sven Hedin, der Schriftsteller Ferec Molnar, der Verleger Friedrich Brockhaus und Evita Peron. Während in Korea die Stellungskriege anhalten und Nordkorea von der US Luftwaffe schwer bombardiert wird, laufen in Helsinki die Olympischen Spiele. Neuer Präsident des IOC wird Every Brundage. In England stirbt am 6.2. König George VI. Am selben Tag wird seine 25 Jahre alte Tochter als Königin Elisabeth II. zur Königin proklamiert. Sie feiert also mit uns ihr 50. Jubiläum. Der Arzt Albert Schweizer erhält den Friedensnobelpreis und in Köln schlägt der Boxer Peter Müller den Ringrichter k.o. In Kanada, Chalk River, kommt es zum ersten Kernreaktor-Unfall und im Südpazifik wird auf dem Eniwetok-Atoll die erste H-Bombe (=700 Hiroshima-Bomben) gezündet. Sony stellt das erste Transistorradio her, der Polio-Schutzimpfstoff wird entwickelt und der Herzschrittmacher erstmals eingesetzt. In der Bundesrepublik beginnt das Fernsehzeitalter und die Bundespost beginnt damit, im Ferngesprächsbereich von Handvermittlung auf Selbstwähldienst umzustellen. England stellt die Bombardierung Helgolands ein und die Insel kommt wieder unter deutsche Verwaltung. Durch den Deutschlandvertrag mit den Westalliierten vom 26.5. wird die BRD weitestgehend ein souveräner Staat. Mit Israel wird ein Wiedergutmachungsvertrag über 3 Mrd DM, zahlbar in 12 Jahren, abgeschlossen.
In Roßtal wurde der parteilose Michael Wiesinger (Amtszeit: 1946 bis 1972) mit 1.053 von 1.777 Stimmen in seinem Amt als Bürgermeister bestätigt. Die Christkönig-Kirche, 1951 errichtet, erhält aus einem Depot in Hamburg ihre Glocken. Zu dieser Zeit, in der die Auswirkungen des 2. Weltkrieges durchaus noch zu spüren waren, aber man doch merkte, dass es wieder bergauf ging, fasste Franz Fassmann den Entschluß, eine Harmonika-Schar zu gründen. Franz Fassmann wurde 1921 in Wickwitz an der Eger (heute Vojkovice in Tschechien), nordöstlich von Karlsbad geboren. Er wurde, wie so viele Deutsche nach dem Krieg, aus seiner Heimat vertrieben und kam dadurch nach Roßtal. Für Roßtal war dies ein wahrer Zugewinn, begann er doch bereits 1946 ehrenamtlich den Dienst des Organisten in Roßtal, Clarsbach und der ehemaligen Lagerkirche (heute Raitersaicher Sportplatz) aufzunehmen. Seit 1947 gab er Akkordeon-Unterricht. 1951 übernahm er das Amt des Organisten in der neu erbauten Christkönig-Kirche, verpflichtet durch den damaligen Pfarrer Josef Zankl. Zu seinen Schülern gehörten seinerzeit u.a. Franz Giptner, Reiner Gottwald, Heinz Gschwind.
Erwin Klink (Im Hausen – Garten)
Für eine Unterrichtsstunde waren damals zwischen 2 und 3 DM zu zahlen, entsprechend 1,00 bis 1,50 Euro. Ein Akkordeon kostete durchschnittlich 400 DM. Die Verdi lag bei 600 DM (307 Euro), die Tango V M bei 800 DM (409 Euro). Zum Vergleich dazu: Ein Monatseinkommen lag bei ca 400 DM, ein Bier oder Weckla kosteten 25Pfg. und die Maß 91Pfg. Die Eltern mussten also auch damals schon nicht geringe Opfer bringen, um ihren Kindern die Liebe zur Musik und zum Akkordeon zu finanzieren. Aber wie man jetzt rückblickend feststellen kann, hat sich der Aufwand gelohnt. Eines Tages lernte Franz Fassmann Loni Esberger kennen, und die Liebe zur Musik und zum Akkordeon, die beiden gemein war, ließ sie Freunde werden. Später gesellte sich Erwin Klink dazu. Sie alle drei hatte ihre Schüler, die später ihr Wissen weiter gaben. Unterrichtet wurde gewöhnlich bei Herrn Fassmann oder beim Schüler zu Hause. Franz Giptner bekam bisweilen auch Unterricht in Gottes freier Natur. Um ihren Schülern die Möglichkeit zu geben, ihr Erlerntes in der Gruppe praktisch anzuwenden und zu vervollkommnen, beschlossen die drei, federführend unter Franz Fassmann, die Harmonika-Schar zu gründen.
Das Eröffnungskonzert
Die Gründung
Anfang 1952 war es dann auch soweit. In der Gaststätte „Birnbaum“, der späteren „Linde“, heute Chinarestaurant, kamen die drei zusammen und gründeten die „Harmonika-Schar“. Anwesende der Gründungsversammlung waren die Initiatoren Franz Fassmann, Loni Esberger und Erwin Klink. Von den Gründungsmitgliedern waren ferner anwesend Georg Auerochs, Franz Giptner, Friedrich Gottwald, Heinz Gschwind, H. Merkel und Hans Wagner. Zum Vereinslokal hat man wegen der Räumlichkeiten die „Kanne“ ausgewählt. Es gab hier das einzige Nebenzimmer einer Lokalität im Ort. Die Familie Kandel zeigte sich auch sehr entgegenkommend und ist es bis Heute geblieben. Geprobt wurde seinerzeit Samstag Nachmittag, später dann Dienstag Abend. Zweck und Ziel des Verein sollte es sein, laut *Roßtal – Vergangenheit und Zukunft*, „Auf dem Akkordeon gute Musik machen und jungen Leuten Freude an der Musik geben“. Die kleine „Schar“ bestand zunächst aus: Georg Auerochs, Konrad Dietrich, Franz Giptner, Reiner Gottwald, Heinz Gschwind, Irma Held, Hans Knoll, Theo Lösch und Edith Ulbricht. Sie wirkten bei kleineren Veranstaltungen und „Bunten Abenden“ in Roßtal, Ammerndorf und Dietenhofen mit und auch auf Weihnachtsfeiern, zum Beispiel im Krankenhaus Fürth oder in Zirndorf beim Gesangsverein. Gespielt wurde hauptsächlich Volksmusik und das wurde überall dankbar aufgenommen. Sie selber waren auch mit ganzem Herzen dabei und unser „Franzl“ Giptner scheute sich nicht, mangels fahrbarem Untersatz, sein Akkordeon auf den Rücken zu schnallen und auf Schustern Rappen zum Konzert zu gehen.
Im Kandel-Saal 1953
Von links: Dieter Lizurek, ?, Erwin Klink, Edith Ulbricht, Hans Knoll,
Reiner Gottwald, Heinz Gschwind, Franz Fassmann, Konrad Dietrich, Irma Held, Franz Giptner.