Die 80er Jahre
Das 9. Jahrzehnt dieses Jahrhunderts beginnt mit einem Grabgang. Der Wirt unseres Probenlokals, Fritz Kandel wird beerdigt. Ihm war es zu verdanken, dass das Orchester in Bezug auf die Räumlichkeiten, die er uns kostenlos zur Verfügung stellte, den Rücken frei hatte und Dank der Familie Blank noch heute hat. Trotz der Trauer um ihn muss aber das Vereinsleben weitergehen. Es folgen eine Veranstaltung der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Wachendorf, das Stiftungsfest der Schlesischen Landsmannschaft in der St. Christopherus-Kirche in Fürth und die Teilnahme am Jubiläumsabend zum 60jährigen Bestehen des Gesangsvereins Wintersdorf. Das Jahr 1981 beginnt erfreulicher mit der Heirat von Rosemarie und Günther Zimmermann am 4. April in der Laurentiuskirche Roßtal. Das Orchester spielt: „Ich bete an die Macht der Liebe“ und „Die Himmel rühmen“. Das Brautpaar ist sichtlich gerührt. Eine zweite Hochzeit mit den gleichen Stücken in der selben Kirche findet am 21. August zwischen Angelika und Uwe Stender statt. Bei der letzten Hochzeit von Vereinsmitgliedern in diesem Jahr geben sich Toni und Manfred Rudnick das Ja-Wort. 1982 heiraten noch Helga und Dieter Reithinger in der Laurentiuskirche. Auch hier spielt das Orchester für das Brautpaar. Bei all diesen erfreulichen Gelegenheiten endet das Jahr 1982 leider mit einem Trauerfall. Völlig fassungslos erfahren wir vom Tod des Gründungs- und langjährigen Orchestermitglieds Loni Esberger, unseres Konzertmeisters am 19. Dezember. Um Abschied zu nehmen, versammeln wir uns in seinem Haus, wo er aufgebahrt ist. Bei seiner Beerdigung spielen wir alle tief berührt das von ihm so geliebte „Ave Verum“. Ein sehr aktives Jahr ist 1983. Diverse Auftritte begleiten das Jahr, unter anderem die Hochzeit von Monika und Gerhard Ziegler, 75 Jahre Gesangsverein LYRA, Erntedankfest in Christkönig, Weihnachtsfeier des GV LYRA, bei der wir seit 1969 mitwirken. Als musikalischer Höhepunkt des Jahres ist jedoch die Schallplattenaufnahme der Roßtaler Musikvereine zu bezeichnen, die mit dem Titel „Roßtal wie es singt und klingt“, im Studio der Nürnberger Symphoniker aufgenommen wird. Initiator dieses großartigen Zusammenwirkens der Vereine ist Herr Gebert Senior. Gerade rechtzeitig zum 10-jährigen Bestehen des Roßtaler Martinimarktes erscheint dieser Tonträger. Die Roßtaler Gesangs- und Musikvereine machen mit einem bunten Strauß von Melodien allen Bürgern ein Geschenk. Besonders hervorzuheben ist, dass bei dieser Aufnahme sowohl die Gesangsvereine, der Schulchor und die Kirchenchöre als auch der Posaunenchor und der Musikzug mitwirken. Die Zusammenarbeit ist in der Hauptsache dem Dirigenten des Akkordeon-Orchesters Franz Fassmann zu verdanken, der dafür die Gesamtleitung übernimmt. Das Akkordeon-Orchester-Roßtal spielt „Vor einer alten Kirche“ und das Jugend-Akkordeon-Orchester unter Anton Gebert die „Amboß-Polka“. Bei dem Lied „Auf der Roßtaler Höh’“ begleitet das Akkordeon-Orchester den Schulchor. Das Volkslied „Wenn wir heut’ auseinander gehen“ singen die gemischten Chöre und der Schulchor mit Begleitung des Akkordeon-Orchesters.
Das darauffolgende Jahr ist musikalisch etwas ruhiger. Am 13. Mai ist das Ständchen zum 60. Geburtstag von Jakob List. Franz Fassmann arrangierte zu diesem Anlass „Eine kleine Nachtmusik“ fürs Akkordeon-Orchester. Das Ständchen ist die Uraufführung des Arrangements und Jak List erhält die Partitur als Geschenk. Das Jahreskonzert findet am 24. November mit dem Akkordeon-Orchester und dem Jugendakkordeonorchester statt. Mit aufgeführt werden Soli und Duette von Spielern beider Orchester.
„Fortuna lächelt, doch sie mag nur ungern voll beglücken. Schenkt sie uns einen Sommertag, so schenkt sie uns auch Mücken.“
( Wilhelm Busch)
„Auf dem Weg zur Beichte nach Kloster Andechs“
Stehend v. l.: Hans-Jürgen Kaiser, Manfred Rudnick, Reiner Gottwald,
Franz Giptner, Hans Knoll, Schlapp wie immer, sitzend: Uwe Stender
1984 entwickelt sich als das Geburtsjahr einiger Einrichtungen des Akkordeon-Orchesters, die bis heute feste Institutionen geblieben sind:
– Die erste Herrenpartie (Vatertagsausflug?) findet am 31. Mai statt und führt nach Kloster Andechs am Ammersee. Bei „ deftiger Brotzeit und rustikalem Mittagessen mit Riesenknöchla und einer Maß dunklem Klosterbier“ erfreuen sich: Hans Knoll, Franz Giptner, Reiner Gottwald, Manfred Rudnick, Hans-Jürgen Kaiser, Uwe Stender und Günther Zimmermann. Die Herrenpartie ist bis heute fester Bestandteil des Orchesterjahres mit verschiedenen Reisezielen immer am Vatertag. Die Personen sind die gleichen, außer Hans-Jürgen Kaiser, der weggezogen ist. Zusätzlich sind dabei Gerhard Oppelt, Renatus Fischer und manchmal Horst Schmidt. 2001 fand im Rahmen der Herrenpartie sogar eine 4-tägige Weinfahrt nach Österreich in die Wachau statt, diesmal allerdings mit Ehefrauen.
– Die Strickrunde wird im Januar 1984 ins Leben gerufen. Mit dem Gedanken: „Was die Männer können (jeden Dienstag proben), können wir auch“, entsteht ein Damenkränzchen, das sich anfangs 14-tägig, später monatlich trifft. Bei den Treffen wird mehr oder weniger Wolle (Garn) gestrickt, und nebenbei auch gegessen und getrunken. Die ersten fleißigen Damen sind: Erna Fassmann, Marie Esberger, Marga Giptner, Rosemarie Zimmermann, Toni Rudnick, Waltraut Gottwald, Luise Gebert, Anni Knoll und Anni Strupf. Die Runde trifft sich traditionsgemäß am Mittwoch, da dürfen die Männer dann Kind und Haus hüten. In den Anfangsjahren steht das Stricken noch im Vordergrund, es wird sogar mit Wolle richtig gehandelt. Rundrufe werden gestartet, wenn es irgendwo Wolle im Angebot gibt. Später wird immer weniger gestrickt und dafür mehr „gewaaft“ oder auf neudeutsch „kommuniziert“. Dadurch entsteht etwa 1999 ein neuer Name: „FKK“. FKK steht für Frauen-Kommunikations-Kreis. Die Abkürzung ist aber auch bewusst mehrdeutig: Böse Zungen behaupten, es würde für Frauen-Klatsch-Kreis stehen – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Die Runde setzt sich heute noch aus den gleichen Damen zusammen, zusätzlich verstärken Bärbel List, Monika Liers und seit 1994 Ingrid Fischer den fröhlichen Kreis.
– Erstmals findet am 13. Juli 1984 eine Akkordeonorchester-Grillparty bei Franz Giptner statt. 29 Grillfreunde feiern ausgelassen bei Bratwürsten, Steaks, Schnitzeln und Salaten. Auch der Durst kommt nicht zu kurz, es wird, Zitat: „ein 30er Fässla Ammerndorfer Landbier vernichtet. Einige sind am Ende des Abends nach gemeinsamen Gesangsvorträgen und ausgelassenem Spiel durch das süffige Dunkelbier und den diversen Schnäpsen von Franzl schwer angeheitert“. Auch die Grillparty im Juli ist mittlerweile fester Bestandteil unseres Jahresablaufs. Sie findet nur dieses eine mal bei Franz Giptner statt und wird bereits im folgenden Jahr 1985 in der Drachengrotte gefeiert, einer gemütlichen Hütte im Wald zwischen Roßtal und Weitersdorf. DieVeranstaltung ist mittlerweile stark angewachsen, im Durchschnitt nehmen etwa 60-70 Personen daran teil. Obligatorischer Bestandteil bei meist schönem Wetter ist ein Fußballspiel zwischen jung und alt, bei dem immer die Jugend gewinnt, warum auch immer.
– Erstmals 1984 in den Orchesteraufzeichnungen erwähnt ist auch der LYRA Faschingsball. Dieser Ball, von unserem Partnerverein GV LYRA veranstaltet, wird jedes Jahr von einigen Orchestermitgliedern gerne besucht. Letztmals erwähnt ist der LYRA-Fasching 1996, bei dem sogar eine Bauchtänzerin auftritt. Es wird hier schon auf die geringe Zahl der Gäste hingewiesen.
Die Jahre 1985 bis einschließlich 1988 werden überschattet durch interne Schwierigkeiten im Jugend- und Stammorchester. In den Aufzeichnungen des Orchesters liest sich dies wie folgt: 30. Juli 1985 interne Schwierigkeiten, Anton Gebert will die Leitung des Jugendorchesters aufgeben; 12. November 1985 Krisenbesprechung wegen Kirchenkonzert, Konzerttermin und Dirigentenlehrgängen; 1986 häufen sich Besprechungen wegen mangelnder Organisation, was vorher nie denkbar war (Druck von Orchesterspielern und vor allem der Jugend); 5. März 1987 Diskussion über ersten Entwurf einer Satzung: die aktiven Spieler wollen ein Mitspracherecht für die zu spielenden Musikstücke und auch für die Programmzusammensetzung durchsetzen. Dies gipfelt am 26. Januar 1988 mit der Inkraftsetzung einer Vereinssatzung, in der eine Vorstandschaft installiert und alle 2 Jahre neu gewählt werden soll. Weiter werden festgelegt: Mitbestimmung bei Stückeauswahl und Konzertprogrammen sowie Übernahme der organisatorischen Arbeiten durch einen Ausschuss .
Am 31. Juli 1988 tritt Anton Gebert als Dirigent des Jugendorchesters nun doch zurück. Im März 1986 noch besucht er mit Christian Kaiser einen Dirigentenlehrgang in Erlangen. Drei Monate später dirigiert Christian Kaiser erstmals das Jugend- und Stammorchester beim 65. Geburtstag von Franz Fassmann. Nach dem Rücktritt von Anton Gebert übernahm Christian Kaiser das Jugendorchester.
Musikalische Höhepunkte in dieser Zeit sind zwei hervorstechende Ereignisse: Das Kirchenkonzert in der Christkönig-Kirche am 7. November 1985 zum Auftakt des Roßtaler Martinimarktes, an dem etwa 300 Mitwirkende teilnehmen. Sieben weltliche Gesangsvereine, der katholische Kirchenchor, der Schulchor, der Posaunenchor und das Akkordeon-Orchester füllen die Kirche derart, dass nur noch wenig Platz fürs Publikum bleibt. Gesamtleitung hat natürlich wieder Franz Fassmann – in dieser Kirche spielt er ja auch Orgel bei den Gottesdiensten.
Das zweite Ereignis ist das Konzert zum 35. Gründungsjubiläum des Akkordeon-Orchesters Roßtal am 23. Mai 1987. Auch das 10-jährige Jubiläum des Jugend-Akkordeon-Orchesters wird gefeiert, das in dieser Zeit noch unter der Leitung von Anton Gebert steht. Das wahrlich furiose Konzert steht unter der Gesamtleitung von Franz Fassmann. Jakob List gestaltet wie immer die Plakate und Programmhefte, ebenfalls übernimmt er die Zusammenarbeit mit der örtlichen Presse. Die Moderation vor dem auch auf der Galerie voll besetzten Saalbau Blank übernimmt Fritz Stahl, der für den 1. Vorsitzenden Jakob List kurzfristig eingesprungen ist. Zahlreiche Redner schließen sich Fritz Stahl mit Begrüßungsworten und Gratulationen an, auch Herr Kraft vom Deutschen Harmonikaverband, Bezirk Franken. Dabei zeichnet er Franz Fassmann mit der „Herrmann-Schittenhelm-Medaille“ aus, für wörtlich: „Beispielhaften persönlichen Einsatz“. Anton Gebert erhält für 10 Jahre Leitung Jugendorchester die „Silberne Ehrennadel“. Das Konzert eröffnet das Stammorchester mit der „Leichten Kavallerie“ und nach den Ansprachen erklingt der Blumenkorso aus „Südlich der Alpen“. Nach der Solistin Margit Zwingel (sie spielt „Schneidervariationen“ und als Zugabe „El Caballero“), bringt der Männerchor des GV LYRA zwei Liedvorträge. Die erste Halbzeit beschließt das Stammorchester mit dem Intermezzo „Auf einem Persischen Markt“. Den zweiten Teil des Abends beginnt das Jugendorchester mit „Leicht beswingt“ und den „Karl-May-Melodien“. Ein Quartett der Jugend folgt mit der „Italienischen Dorfmusik“. Nach weiteren zwei Gesangsvorträgen, jetzt vom gemischten Chor des GV LYRA, übernimmt Christian Kaiser den Dirigentenstab und dirigiert „Friends of Tango“ von Altmann-Deuringer. Das Ende des Konzertes gestaltet das Jugend- und Stammorchester gemeinsam mit „Heinzelmännchens Wachtparade“ und „Washington Post“. Auch Zugaben dürfen nicht fehlen: „Tanzende Finger“, „Ein Student geht vorbei“ und zu Ehren von Herbert Bausewein das von ihm arrangierte „Seemannslieder-Potpourri“.
Wie natürlich jeder ahnt, sind das nicht die einzigen Auftritte in diesen Jahren. Es würde jedoch zu weit führen, die vielen Ständchen und Auftritte bei den zahlreichen Veranstaltungen, Hochzeiten, silbernen Hochzeiten (Hans Knoll, Josef Dierl und Fritz Stahl) und Jubiläen aufzuzeigen. Zwei herausragende Termine in diesem Jahrzehnt sollen jedoch noch erwähnt werden:
– Die Rundfunkaufnahme im Bayerischen Rundfunk, Studio Nürnberg am 14. März 1989 ist mit viel Schweiß und Konzentration verbunden. Seither sind im Radio gelegentlich eines dieser Stücke des Akkordeon-Orchesters Roßtal zu hören: „Humoreske“, „Arioso“ und der Marsch „Sonnenfunken“. Der Termin kam recht überraschend, daher war die Vorbereitungszeit sehr kurz.
– Das Konzert zum 15-jährigen Bestehen des Roßtaler Martinimarktes findet unter Mitwirkung des Akkordeon-Orchesters am 11. November 1989 statt. Wir spielen bei diesem Kirchenkonzert zum ersten Mal die „Feuerwerksmusik“ von Friedrich Händel und „Vor einer alten Kirche“. Das Arrangement der „Feuerwerksmusik“ stammt von Herbert Bausewein, das er speziell unserem Akkordeonorchester gewidmet hat – wir erhielten dieses Geschenk von ihm am 18. Oktober 1988. Schon mit seinem Vater bestand eine sehr intensive Zusammenarbeit.
– Immer wieder eine Augenweide –
Unsere langjährige Moderatorin Toni Rudnick wird vom
Dirigenten Christian Kaiser mit Blumen geehrt